Chancen der modernen Medizin – in der FAZ

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Wir steuern auf das lang ersehnte Ende der größten globalen Gesundheitskrise seit 100 Jahren zu. Viele Menschen sind geimpft, und Impfmöglichkeiten für den Rest der Bevölkerung gibt es mittlerweile genug. Ein erneuter Lockdown in diesem Winter scheint unwahrscheinlich und würde sehr wohl auch am politischen Widerstand der Geimpften scheitern, selbst wenn diese sich – wie in jüngster Vergangenheit deutlich wurde – erneut mit dem Virus infizieren können. Zudem würde die Weiterführung der Politik der letzten 18 Monate auf Dauer zu einem klaffenden Loch in der Staatskasse führen. Irgendwann muss die Gesellschaft wieder in einen Zustand zurückkehren, in dem der Infektionsschutz nicht einen derart hohen Stellenwert einnimmt. Den Weg zurück werden wir aber mit vielen weiteren (hoffentlich mild verlaufenden) Infektionen erkaufen müssen.
Wie schon Anfang 2020 absehbar war, wird uns das neuartige Coronavirus noch länger begleiten. Es hat bereits mehrfach bewiesen, dass es in der Lage ist, ansteckendere Varianten durch Mutation zu erzeugen. Daher ist das wahrscheinlichste Szenario, dass COVID-19 wie eine zweite Grippe werden wird, bei der es jede Saison einen neuen Impfstoff gibt, der vorranging gefährdete Menschen schützen wird. Bleibt nur zu hoffen, dass wir von einer weiteren Pandemie eines anderen Erregers in naher Zukunft verschont bleiben.
Andererseits gibt es auch die Hoffnung auf neue Entwicklungen in der Medizin. Dort eröffnen sich durch Forschungsergebnisse immer neue Möglichkeiten. Es hat sich erst jüngst mit der Entwicklung der mRNA-Impfstoffe gezeigt, dass moderne Forschung ein mächtiger Verbündeter im Kampf gegen Krankheiten ist. Von den neuen Vakzinen hatten die meisten Menschen (viele Mediziner inbegriffen) vorher noch nicht einmal gehört. Auch die Digitalisierung der Medizin eröffnet neue Möglichkeiten. Ausdruck davon ist etwa die Corona Warnapp – eine Entwicklung, die noch vor 15 Jahren unmöglich gewesen wäre. Damals hatten schlicht nicht genug Menschen ein Smartphone, auf dem sie die App hätten installieren können. Möglicherweise bringt die moderne Molekularbiologie bald Möglichkeiten hervor, mit denen wir hartnäckigen, bisher als praktisch unausrottbar geltenden Krankheitserregender den Garaus ausmachen können. Größere Forschungsanstrengungen werden also der einzige Weg sein, um das ungeliebte Coronavirus irgendwann wieder loszuwerden.
Ein ähnliches Prinzip gilt auch für andere Krankheiten, auch solche, die nicht von einem Bakterium oder einem Virus ausgelöst werden. Volkskrankheiten sind häufig Folge von ungesunden Verhaltensweisen, die sich prinzipiell vermeiden lassen. Sie verursachen eine gewaltige Belastung für die Gesellschaft. Gleichzeitig fehlt es an medizinischem Fachpersonal – besonders bei den Pflegekräften. Ob die im Sondierungspapier der möglichen Koalitionäre SPD, FDP und Grüne festgehaltene „Offensive für mehr Pflegepersonal“ dieses Problem lösen kann, ist fraglich. Fakt ist jedoch, dass wir jetzt schon einen deutlichen Mangel bei Pflegekräften spüren und die geburtenstarken Jahrgänge der frühen 60er Jahre demnächst in Rente gehen, was zu weniger Pflegekräften und mehr Pflegefällen führt. Wir sind auch bei diesem Problem auf mehr Innovation und Investition, angewiesen, um das System entlasten zu können.