Der eigene Nachlass will gut vorbereitet sein

September 2022, Autor: Christian Hartwich

Jedes Jahr werden dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) zufolge in Deutschland bis zu 400 Milliarden Euro verschenkt oder vererbt. Allerdings hat nur jeder vierte Deutsche ein Testament. Und: Etwa 80 Prozent der selbstverfassten Testamente sind fehlerhaft oder unwirksam.

„Viele Testamente sind missverständlich oder fehlerhaft formuliert“, sagt Alexander Kollmorgen, Präsident der Berliner Notarkammer. „Auch werden die für ein gültiges Testament vorgeschriebenen Formalien oft nicht eingehalten. In solchen Fällen greift dann die gesetzliche Erbfolge, was der Erblasser mit seinem Testament gerade vermeiden wollte.“ Deshalb ist es sinnvoll, bereits rechtzeitig ein notarielles Testament aufzulegen, bei dem ein Notar den letzten Willen rechtssicher formuliert.

Jeder kann selbst bestimmen, wer erben soll

Grundsätzlich kann jeder durch ein Testament oder einen Erbvertrag selbst bestimmen, wer erben soll und wer nicht. „Dabei gibt das Gesetz die Möglichkeit, die Vermögensnachfolge weitgehend individuell zu gestalten. Lediglich durch die sogenannten Pflichtteilsansprüche enger Angehöriger sind gewisse Grenzen gesetzt“, erklärt Kollmorgen.

Vermächtnisse an gemeinnützige Organisationen

Sind allerdings keine nahen oder gar keine Angehörigen vorhanden, entscheiden sich Erblasser nicht selten, ihr Vermögen gemeinnützigen Organisationen – zum Beispiel dem Tierschutzverein, der Obdachlosenhilfe oder der Kinder- und Jugendhilfe – zukommen zu lassen. Sollen diese Organisationen bestimmte Geldbeträge, Gegenstände oder Immobilien aus dem Nachlassvermögen erhalten ohne selbst Erbe zu werden, bietet sich ein Vermächtnis an. Tritt der Erbfall ein, können Vermächtnisnehmer den ihnen vermachten Betrag oder Gegenstand von den Erben einfordern. Diese sind dazu verpflichtet, das Vermächtnis zu erfüllen.

Doch gemeinnützige Organisationen können auch im Testament als Erben bedacht werden. Testamentarisch lässt sich mit der jeweiligen Organisation auch vereinbaren, dass sie sich im Todesfall zum Beispiel um die Wohnungsauflösung, um den Hund oder um die Grabpflege kümmert. Hier gilt aber: Im Vorfeld mit der Organisation sprechen und abklären, ob die eigenen Wünsche überhaupt realisierbar sind. Wichtig ist zudem: Gibt es Angehörige, so stehen ihnen Pflichtteilsansprüche zu. Denkbar ist aber auch, dass die gemeinnützige Organisation einen Teil des Vermögens, zum Beispiel die Hälfte oder eine zuvor festgelegte Summe bekommt. Der Rest geht dann an die Hinterbliebenen. In jedem Fall aber sollten die Erblasser zuvor mit ihren Angehörigen reden und ihnen erklären, warum ihnen der gemeinnützige Zweck am Herzen liegt. So kommt es nicht zu bösen Überraschungen.

Und auch die Steuer sollte bedacht werden: „Während anerkannte gemeinnützige Organisationen als Vermächtnisempfänger von der Erbschafts- beziehungsweise Schenkungsteuer befreit sind, fällt für Empfänger, die keine Gemeinnützigkeit haben, Erbschafts- oder Schenkungssteuer an“, erläutert Alexander Kollmorgen. Grundsätzlich ist nach deutschem Recht jeder Erbe dazu verpflichtet, Erbschaftsteuer entsprechend seinem Erbanteil abzuführen. Abhängig vom jeweiligen Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser können Angehörige allerdings bestimmte Freibeträge ausschöpfen. So gilt für Ehepartner und eingetragene Lebenspartner ein Freibetrag von 500.000 Euro, während Kinder je 400.000 Euro ausschöpfen können. Kollmorgen: „Diese Freibeträge sind aber bei jeder testamentarisch oder erbvertraglich getroffenen letztwilligen Verfügung zu bedenken. Bei der Erstellung von letztwilligen Verfügungen sollten die steuerlichen Auswirkungen auch stets bedacht werden.“

Nachlass rechtssicher regeln

Egal, ob Familie, Freunde oder die gemeinnützige Organisation erben: Wichtig ist, dass der Nachlass rechtssicher geregelt ist. Die bekannteste Form der eigenen Nachlassregelung ist das Testament – und dabei die privatschriftliche Variante. Der Erblasser legt darin handschriftlich fest, wem er sein Vermögen vererben möchte. Entscheidend ist, dass das gesamte Dokument vollständig von Hand geschrieben und unterschrieben sein muss, um wirksam zu sein. „Hier treten bereits sehr häufig die ersten Fehler auf“, berichtet Alexander Kollmorgen. Deshalb empfiehlt er, entweder ein sogenanntes öffentliches Testament unter Hinzuziehung eines Notars zu erstellen, der es dann mittels Beurkundung in einer Urkunde festhält, oder aber bei der Erstellung eines eigenhändig errichteten Testaments zuvor notariellen Rat einzuholen, damit auch das selbstverfasste und eigenhändig errichtete Testament eindeutig und letztendlich wirksam ist.

Gerade Ehepaare schließen oft ein „Berliner Testament“ ab. Darin setzen sich die beiden Ehepartner oder eingetragenen Lebenspartner gegenseitig als Alleinerben ein. Gemeinsam bestimmen sie, an wen nach dem Tod des zuletzt sterbenden Partners der Nachlass fallen soll. In der Regel sind das die Kinder. Damit wird sichergestellt, dass dem überlebenden Ehepartner der Nachlass des verstorbenen Ehepartners zunächst alleine zufällt.

Häufig entscheiden sich Erblasser auch für einen Erbvertrag. Bei dieser Form bestimmt er gemeinsam mit den künftigen Erben, was mit dem Nachlass geschieht. Der Erbvertrag wird vor dem Notar geschlossen. Alle an der Regelung beteiligten Vertragspartner müssen anwesend sein. Kollmorgen weist darauf hin, dass, anders als beim Testament, der Erblasser hier seinen letzten Willen später nicht einseitig ändern kann. Zwar kann er zu Lebzeiten weiter über sein Vermögen verfügen. Den Vertragspartner beeinträchtigende Schenkungen, die das vertraglich festgesetzte Erbe absichtlich schmälern sollen, dürfen aber nicht vorgenommen werden. „Gerade wenn man bindende Vereinbarungen für alle Erben treffen will, kann ein Erbvertrag sinnvoll sein“, erläutert er. Dies gelte etwa dann, wenn eine Unternehmensnachfolge geregelt werden soll.

Will man einen Teil des eigenen Vermögens bereits zu Lebzeiten an die Erben übertragen, kommt eine Schenkung in Frage. „Hier sollte man sich aber überlegen, ob man damit vielleicht auch Gegenleistungen verknüpft“, sagt der Notarkammerpräsident. Will man zum Beispiel einem Erben eine Wohnung oder ein Haus schenken, kann man sich beispielsweise den Nießbrauch an dieser Immobilie vorbehalten. Dieser garantiert dem Schenkenden ein lebenslanges Recht, die Wohnung selbst zu nutzen, sei es zur Selbstnutzung oder zur Vermietung.

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