Grün macht glücklich
September 2022, Autor: Günter Weihrauch
September 2022, Autor: Günter Weihrauch
Grün ist Trumpf – auch bei der Geldanlage: Eine wachsende Zahl an Menschen interessiert sich im Rahmen ihres finanziellen Engagements auch für Themen wie Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung. So ist in Deutschland zum dritten Mal in Folge das von Privatanlegern mit Fokus auf Nachhaltigkeit angelegte Kapital deutlich gestiegen und lag per Ende 2021 rund 230 Prozent über dem Vorjahreswert. Insgesamt 131,2 Milliarden Euro hatten Privatanleger im vergangenen Jahr in nachhaltige Geldanlagen investiert. Und auch unter institutionellen Investoren spielt das Thema Nachhaltigkeit eine immer größere Rolle. Sie hatten fast doppelt so viel Vermögen in grüne Investments gesteckt. Damit sprang der Marktanteil nachhaltiger Geldanlagen am deutschen Gesamtmarkt von 6,4 auf 9,4 Prozent. Dies geht aus dem Marktbericht 2022 des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG) hervor. Für das laufende Jahr erwarten beinahe alle im Rahmen des Marktberichts befragten Experten weiter steigende Zahlen auf dem nachhaltigen Kapitalmarkt, 41 Prozent von ihnen sogar mit einem Wachstum von über 30 Prozent.
Doch wie gehen Anleger vor, die sich für nachhaltige Angebote interessieren? „Eine allgemeingültige Definition von nachhaltigen Geldanlagen gibt es nicht, genauso wenig wie es eine allgemeingültige Definition von Nachhaltigkeit gibt, was selbstverständlich eine Herausforderung darstellt“, sagt Sascha Görlitz. „Umso wichtiger ist es daher für Anbieter, sich extern zertifizieren zu lassen“, ergänzt der FNG-Geschäftsführer.
Das FNG definiert Produkte und Anlagevehikel als nachhaltige Geldanlagen, die ökologische, soziale und auf Governance bezogene Aspekte (ESG-Kriterien) explizit in ihren Anlagebedingungen berücksichtigen. „Nachhaltige Geldanlagen sind vielfältig, daher empfehlen wir Anlegerinnen und Anleger sich genau zu überlegen, welche Ziele sie mit der Investition verfolgen und wie sich ihre eigenen Werte und Vorstellungen von Nachhaltigkeit in dieser Investition verwirklichen lassen“, so Görlitz. „Mit diesen individuellen Nachhaltigkeitspräferenzen gehen Privatanleger am besten auf ihren direkten Berater oder Vermittler zu.“
Egal ob Investmentfonds, Aktie oder Anleihe: Bankberater und Versicherungsvermittler sind seit August 2022 verpflichtet, Kunden zu fragen, ob sie grün investieren wollen und welche Nachhaltigkeitspräferenzen sie haben. Dies muss dann bei der Produktauswahl berücksichtigt werden. Die Regelung ist Teil einer Reihe neuer EU-Vorgaben, die seit 2018 unter dem Kürzel “Mifid II” schrittweise in Kraft treten und das Finanzsystem nachhaltiger machen sollen. Dazu hat die EU-Kommission in Brüssel unter anderem mit der sogenannten Taxonomie auch eine Art Katalog für klimafreundliche Investitionen auf den Weg gebracht. Sie soll Anlegern bei der Einordnung ihrer Investments helfen, erkennt ab Januar 2023 aber beispielsweise auch Investitionen in Gas und Atomkraft als klimafreundlich an. Das sorgt schon jetzt für Kritik.
Anleger müssen sich also weiterhin sehr gut darüber informieren, was sich hinter Finanzprodukten verbirgt, die als nachhaltig vermarktet werden. Beispielsweise kursieren Werbe- und Wirkungsaussagen, die bei einem genauen Hinsehen mehr versprechen als sie halten, auch unter den Begriffen „Greenwashing“ oder „Impact Washing“ bekannt. So warb etwa die DekaBank auf ihrer Homepage mit einem Impact-Rechner für den Investmentfonds Deka-Nachhaltigkeit Impact Aktien. Dabei stellte sie Anlegern in Aussicht, dass sie mit ihrer Geldanlage eine konkrete Wirkung auf verschiedene Nachhaltigkeitskriterien hätten. Dabei ist die Werbung mit „Investor Impact“ bei als nachhaltig beworbenen Geldanlagen generell problematisch. „Wenn in ein Unternehmen investiert wird, das beispielsweise im Verhältnis zu anderen Unternehmen weniger Müll produziert, kann noch keine Rede davon sein, dass diese Differenz dann eingesparter Müll sei“, erklärt Niels Nauhauser, Abteilungsleiter der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. „Erst recht wird diese Einsparung nicht durch den Kauf der Aktien des Unternehmens verursacht.“ Nach Klage der Verbraucherzentrale nahm die DekaBank den Rechner vom Netz.
Ein weiterer Kritikpunkt richtet sich an mögliche Verschleierungen bei Aktiengesellschaften. So besteht die Möglichkeit, dass sich Unternehmen vordergründig von nicht nachhaltigen Geschäftsbereichen trennen, um dadurch ein begehrtes ESG-Rating zu bekommen. Anschließend werden diese Bereiche dann einfach in Private-Equity-Holdings weitergeführt.