Das Virus als zusätzlicher Feind
Dezember 2021, Autor: Claudia Sacchi
Dezember 2021, Autor: Claudia Sacchi
Das Coronavirus fordert weltweit viele Opfer. Die täglich abrufbaren Statistiken mit Zahlen über Tote und Infizierte zeichnen ein grausames Bild. Die Pandemie hat jedoch noch einen weiteren bitteren Effekt: Sie trifft ohnehin benachteiligte Menschen härter und verschärft die Kluft zwischen Arm und Reich.
In Deutschland haben insbesondere Menschen mit niedrigem Einkommen, Geringqualifizierte und Alleinerziehende mit finanziellen Schwierigkeiten durch die Coronamaßnahmen zu kämpfen. Kontaktbeschränkungen, Quarantäne, Lockdown und Zugangsregeln haben Arbeitsplätze gekostet. Bildungs- und Aufstiegschancen einkommensschwacher Menschen sind durch die Pandemie weiter eingeschränkt worden und mehr Menschen dauerhaft von Armut bedroht. Auch viele andere europäische Länder – insbesondere jene, deren Wirtschaft stark vom Tourismus abhängt – müssen die Folgen der schweren Einbußen bewältigen.
Die Bundesregierung und die Bundesländer haben zusätzlich zu den sozialen Sicherungssystemen finanzielle Corona-Soforthilfen in Milliardenhöhe für kleine Unternehmen, Selbstständige und Freiberufler betroffener Branchen in Deutschland bereitgestellt.
Was für die westliche Welt schon einen großen Kraftakt darstellt, hat die in weniger entwickelten Staaten herrschenden desaströsen Zustände weiter verschlimmert. Covid-19 und die damit verbundenen Gesundheitsrisiken vertiefen Wirtschafts- und Hungerkrisen. Ausbrüche des Virus mit einer hohen Zahl von Neuinfektionen treffen auf bereits vorhandene Schwierigkeiten durch Krieg und Mangel. Lokale Märkte, Geschäfte, Straßenhändler und Tagelöhner werden durch Kontaktbeschränkungen beeinträchtigt, was noch mehr Menschen die Existenzgrundlage nimmt. So gut wie niemand hat die entsprechenden Rücklagen, um wirtschaftliche Einbußen aufzufangen.
Wenn die Preise für Grundnahrungsmittel rasant steigen, wird es für Familien immer schwieriger, sich selbst zu ernähren. Inflation und enorme Preissteigerungen führen dazu, dass sich viele nicht einmal ein Brot leisten können, geschweige denn Mehl, Hülsenfrüchte, Reis, Speiseöl oder Zucker. Wenn sie in ihre Dörfer zurückkehren müssen, gibt es auch dort kaum Ernährungssicherheit.
Durch international unterbrochene Lieferketten, Grenzschließungen und gesperrte Lieferwege innerhalb von Ländern konnten im Jahr 2020 Lebensmittel und Medikamente nicht zu den Bedürftigen gebracht werden. Die Schwächsten, die dringend darauf angewiesen waren, wurden von der Weltgemeinschaft alleine gelassen, weil viele Nationen sich auf die Bekämpfung der Pandemie im eigenen Land konzentrierten. Und dabei fürchteten, dass ihre medizinischen Strukturen – zum Beispiel durch mangelndes Pflegepersonal in Krankenhäusern – für eine Pandemie dieses Ausmaßes nicht ausreichen.
Während dann in der westlichen Welt massiv geforscht und relativ schnell Impfstoffe gegen das Coronavirus entwickelt wurden, erreichten diese weniger entwickelte Länder zunächst nicht. Auch heute können sich viele diese Impfstoffe nicht leisten. Regierungen und Pharmakonzerne sind weiterhin dazu aufgerufen, eine gerechte weltweite Verteilung der Impfstoffe sicherzustellen.
Anders als in den höchstentwickelten Ländern sind Behandlungszentren mit Isolierstationen, Intensivbetten und Beatmungsgeräten rar. Es gab anfangs oft nicht einmal lebensrettende Informationen zum Schutz vor Infektion und dem Umgang mit der Krankheit. Gerade in räumlich beengten Lebensverhältnissen, beispielsweise Flüchtlingslagern, sorgt dies für große Probleme.
Die Verteilung von Seife, Desinfektionsmitteln und Hygieneartikeln an Familien und lokale Gesundheitseinrichtungen ist auch eine Aufgabe, die Hilfsorganisationen übernehmen. Sie versuchen, trotz schwieriger Bedingungen vor Ort Großes zu leisten. Internationale Mitarbeitende sind an ihren Projektstandorten geblieben und unterstützen die lokalen Hilfskräfte bei den Nothilfe-Programmen.
Im Fokus stehen dabei vor allem die Jüngsten. Weltweit sind mehr als 117 Millionen Kinder auf humanitäre Hilfe angewiesen, über die Hälfte von ihnen lebt in acht Ländern, darunter die Demokratische Republik Kongo, Äthiopien, Sudan, Pakistan und Nigeria. Die Pandemie gefährdet den über lange Jahre erzielten Fortschritt für am meisten gefährdete Kinder in den wichtigen Bereichen Schutz, Gesundheit und Bildung.
Mehr als 60 Länder mussten im Jahr 2020 ihre normalen Impfprogramme beispielsweise gegen Masern unterbrechen, sodass diese sich wieder schnell ausbreiten können. Säuglinge und Kleinkinder leiden unter lebensbedrohlicher Mangelernährung. Durch geschlossene Schulen verlieren Kinder den Anschluss, sie kehren nie wieder in den Unterricht zurück und werden häufig Opfer von Kinderarbeit. Für Mädchen ist das Risiko hoch, sehr früh verheiratet und schwanger zu werden. Häusliche und sexuelle Gewalt drohen.
Private Spenderinnen und Spender können schon mit kleinen Summen dazu beitragen, die weltweite Pandemie zu bekämpfen und Leid zu lindern. Leid, das für viele von uns unvorstellbar ist.