In der Zerstörung Leben retten

Dezember 2021, Autor: Claudia Sacchi

Ann-Sophie de Steur

In einigen Ländern der Welt herrschen durch andauernde bewaffnete Konflikte schreckliche Zustände. Besonders betroffen sind der Jemen, Afghanistan und Syrien. Es mangelt an allem, was zur menschlichen Grundversorgung gehört. Hilfsorganisationen versuchen, trotz der Gefahren vor Ort humanitäre Hilfe zu leisten. Dafür sind sie auf Unterstützung von demokratischen Staaten und privaten Spendern angewiesen.

Es ist eine Frage des Hinschauens. Viele von Europäern als stressig empfundene Alltagssituationen verlieren ihren dramatischen Charakter, wenn sie ins Verhältnis zu den viel grundlegenderen Problemen von Menschen in Kriegs- und Krisengebieten gesetzt werden. Ob sich das Leben in einem Land für die Bevölkerung als gut oder schrecklich darstellt, lässt sich oft schon an der geografischen Lage ihrer Heimat ablesen.

In einigen Ländern herrscht durch kriegerische Auseinandersetzungen, politische Instabilität und mangelnde Versorgung große Not. Jemen, Afghanistan und Syrien haben weiterhin die obersten Plätze auf den von Hilfsorganisationen erstellten Listen der größten humanitären Katastrophen der Welt.

Krieg treibt Menschen in die Flucht

Seit sechs Jahren herrscht im Jemen ein schwer bewaffneter Konflikt zwischen Huthi-Rebellen und der Regierung und ihren Unterstützern. Zudem sind die Terrororganisationen IS und Al-Qaida aktiv. 24 Millionen Menschen, rund 80 Prozent der Bevölkerung, sind im Jemen nach Angaben des Auswärtigen Amtes direkt von den Folgen betroffen. Wirtschaft, Infrastruktur und Arbeitsplätze sind zerstört. Es fehlt an Grundnahrungsmitteln, das Land hat weltweit die dritthöchste Rate von Unterernährung.

Viele Menschen sind innerhalb des Landes auf der Flucht, es gibt nicht genügend sichere Unterkünfte und Zugang zur Wasser- und Gesundheitsversorgung. So können sich Epidemien wie Cholera und Masern schnell ausbreiten; Kinder sterben an vermeidbaren Krankheiten. Der Treibstoffmangel erschwert die Lage zusätzlich, weil in medizinischen Hilfseinrichtungen bei Stromausfall keine Generatoren betrieben werden können und Krankentransporte nicht fahren.

In Afghanistan hat sich die ohnehin angespannte Lage nach der Machtübernahme der Taliban weiter verschlechtert. Obwohl die Kampfhandlungen beendet sind, besteht weiterhin ein hohes Anschlagsrisiko. Gewalt, Armut, Dürren und Naturkatastrophen sind Ursachen für eine hohe Sterblichkeit im Land. Es drohen Hungersnot und der völlige Zusammenbruch des Gesundheitssystems. Viele Menschen, die sich früher selbst versorgen konnten, haben ihre Arbeit verloren. Der kommende kalte Winter verschärft die Situation zusätzlich.

Nach zehn Jahren Bürgerkrieg in Syrien sind die Menschen am Ende ihrer Kräfte. Präsident Bashar al-Asad hat den Aufstand weitgehend niedergeschlagen, nur noch wenige Gebiete entziehen sich seiner Kontrolle. Das Land ist weiter gebeutelt von Zerstörung, gezielten Angriffen auf die Zivilbevölkerung, Unterdrückung und Korruption. Hinzu kommen die weiteren bereits geschilderten Probleme eines typischen Krisenlandes. Insbesondere in der Grenzregion Idlib sind fast drei Millionen Menschen dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen.

Vor Ort humanitäre Hilfe leisten

Die Staaten der westlichen Welt versuchen, trotz der schwierigen Rahmenbedingungen vor Ort Hilfe zu leisten, indem sie Gelder in humanitäre Länderfonds und an anerkannte Hilfsorganisationen geben. Deutschland engagiert sich derzeit weltweit in über 60 Ländern und ist mit einem Beitrag von rund 2,4 Milliarden Euro im Jahr 2021 erneut der zweitgrößte Geber für humanitäre Hilfe. Doch auch private Spenden werden weiter dringend gebraucht.

In der Zerstörung Leben retten

Ann-Sophie de Steur

Schwerpunkte sind an erster Stelle die Nahrungsmittelnothilfe, die Gesundheits-, Wasser- und Sanitärversorgung, die Bereitstellung von Heizmaterial und Schutzeinrichtungen für die Bevölkerung. Die Maßnahmen sollen Menschen im ganzen Land erreichen, doch Gebiete mit besonders großem Hilfsbedarf und hohem Anteil an Binnenvertriebenen haben Vorrang.

In mobilen Kliniken und Krankenhäusern werden verschiedene medizinische Dienste angeboten wie Notfallversorgung, Geburtshilfe, Behandlung stark unterernährter Kinder, Beratung und Aufklärung zur Prävention ansteckender Krankheiten sowie traumatherapeutische Maßnahmen. Hinzu kommen Programme im Bildungsbereich und zum Schutz von Frauen und Kindern, die in den Krisengebieten zu den gefährdetsten Gruppen gehören. Teilweise werden an die Bevölkerung auch Bargeldhilfen ausgegeben, um Familien bei der Sicherung ihres Lebensunterhalts zu unterstützen und den lokalen Wirtschaftskreislauf wiederaufzubauen und zu stärken.

Neben der Hilfe vor Ort nimmt Deutschland Menschen auf, die aus ihrem Herkunftsland geflohen sind und internationalen Schutz genießen. Voraussetzung ist das Asylverfahren. Die Anforderung an die neue Bundesregierung ist, dass Asylverfahren künftig nicht nur fair und rechtsstaatlich korrekt, sondern auch kurz sein sollten, um Anreize für irreguläre Migration zu reduzieren. Sogenannte Kettenduldungen sollten abgeschafft, der Familiennachzug für Schutzberechtigte erleichtert werden. Zudem sollten Geflüchtete systematisch auf EU-Staaten verteilt werden.

Eine große Bedeutung für die gesellschaftliche Teilhabe von anerkannten Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten hat die Einbürgerung. Wenn diese künftig schneller möglich wäre, könnten sie sich besser mit den Rechten, Pflichten und Möglichkeiten ihrer neuen Heimat identifizieren und ihren Beitrag zum gelingenden Miteinander leisten.

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